Triumph Herald und Vitesse – Eine Erfolgsgeschichte

Print
Uncategorised
Hits: 3531

Triumph Herald und Vitesse – Eine Erfolgsgeschichte

Mitte der 1950er Jahre begann die Standard Triumph Motor Company in Coventry, England, mit der Entwicklung ihres neuen Kleinwagenmodells. Es sollte die Modelle Standard Eight, Ten und Pennnant beerben, die ein grosser Erfolg für die Firma waren. Da die Firma beschlossen hatte, sich Stück für Stück vom Namen „Standard“ zu lösen, wurde beschlossen, das kommende Modell unter dem Markennamen „Triumph“ zu verkaufen.

Vom Vorgängermodell sollten auch einige technische Lösungen für den neuen Kleinwagen übernommen werden: Motor, Getriebe und Teile der Vorderradaufhängung sowie das Prinzip der der selbstragenden Karosserie, mit dem die Firma sehr gute Erfahrungen gemacht hatte.

Aber es kam anders als geplant: Die Standard Triumph Motor Company war zwar viertgrösster Automobilhersteller in Grossbrittanien, aber trotzdem ohne eigenes Karosseriepresswerk. Die Firma verlor ihren Zulieferer Fisher & Ludlow, der von der British Motor Corporation (Zusammenschluss von Austin und Morris) in 1957 gekauft wurde. BMC war auf dem wichtigen Kleinwagenmarkt ein direkter Konkurrent und machte sehr deutlich klar, dass man für Standard Triumph sicherlich keine Karosserien nach Ablauf der bestehenden Verträge bauen würde.

Der Chefingenieur von Standard Triumph machte mit seinem Team aus der Not eine Tugend und konstruierte den Entwurf auf Karosseriemodule um, die auf ein separates Chassis geschraubt wurden. Die Module konnten dann von kleineren Zulieferern und im Haus selber gepresst, geschweisst und grundiert werden, um dann im Montagewerk in Canley final lackiert und montiert zu werden.

Die Module sind:

 

Dieser konstruktive Rückschritt wurde freilich kompensiert durch:

Das auffälligste Merkmal ist aber natürlich das elegante Design der Karosserie, welches vom italienischen Designer Giovanni Michelotti stammt. Der triumpheigene Entwurf wurde intern auch „Badewanne“ genannt und sah auch genau so aus…

Im September 1957 übergab Michelotti die Designs an Standard Triumph und wurde mit dem Prototypenbau für vier Karosserievarianten beauftragt:

Die Masszeichnungen für den Coupeentwurf tragen das Datum 25. November 1957.

Der erste Prototyp erreichte Canley am 24. Dezember 1957 und wurde nicht nur umgehend vom Management begutachtet, sondern im nächsten Pub gebührend und ausgiebig gefeiert!   

Ab Januar 1958 erfolgten dann die weitere Entwicklungsarbeit, ausgiebige Tests und die Vorbereitung der Produktion, welche die aufwändige Abstimmung mit den diversen Lieferanten, insbesondere mit den Karosseriebauern, beinhaltete.

Am 18. Oktober 1958 startete die legendäre Testfahrt durch Afrika, der „Cape Town to Tangiers Prototype Proving Run“ mit einem Coupe, einem Saloon und zwei Begleitfahrzeugen. Am 15. Dezember 1958 erreichte das Testteam nach 8.916 Meilen (= 14.266 km) Tanger, ohne grössere Probleme. Die Erfahrungen flossen umgehend in die Serienvorbereitung ein, die Zuverlässigkeit des neuen Models wurde natürlich medial ausgiebig genutzt.

Am 13. Januar 1959 begann schliesslich die Serienproduktion des Triumph Herald mit der Fertigung der ersten Coupes.

Die Fahrzeuge verfügten über einen wassergekühlten 4-Zylinder-Reihenmotor mit 948ccm und 35 PS (Einfachvergaser; Saloon) oder 45 PS (Zweifachvergaser; Coupe). Am 22. Juli 1959 wurde übrigens auf Kundenwunsch der erste Saloon mit Zweifachvergaser produziert.

Zu Beginn führte die modulare Bauweise zu Qualitätsproblemen (undichte und quietschende Karosserien, schlechte Lackierqualität, nachlässige Montage, allgemeine Verarbeitungsmängel), die jedoch zügig behoben wurden.

Spätestens mit der Übernahme von Standard Triumph durch Leyland Motors im Dezember 1960 und dem folgenden Einschiessen von erheblichen Kapital, wurden die Fertigungsprobleme überwunden.

In den folgenden Jahren wurde die Modelreihe laufend erweitert und verbessert. Es kamen verbesserte Ausstattungen (bequemere Sitze, Armaturenbrett mit Echtholzfurnier, Faltschiebdach, vordere Scheibenbremsen) und nicht zuletzt stärkere Motoren von 1147ccm/39 PS bis zu 1296ccm/61 PS zum Einsatz.

Von den zeitgenössischen Kleinwagen unterschied sich der Triumph Herald nicht nur durch den modularen Aufbau, sondern er hob sich auch durch sein sehr elegantes Äusseres, die gute Ausstattung, sein Fahrwerk mit Einzelradaufhängung rundum sowie die robusten und leistungsfähigen Motoren positiv von seinen Mitbewerbern ab.

Die Krönung der Modelreihe waren die Vitesse-Modelle als Saloon und Convertible, die im Mai 1962 auf den Markt kam. Sie verfügten immer über eine Sechszylindermaschine mit zum Schluss 104 PS. Sie waren richtige Sportlimousinen.

Durch den modularen Aufbau konnten vom Triumph Herald ohne grossen Aufwand der Roadster Spitfire (ab 1962) und das Coupe GT6 (ab 1966) abgeleitet werden.

Im Mai 1971 liefen die letzen Triumph Herald und Vitesse vom Band – in Summe wurden in allen Varianten 592.852 Stück der Modellreihe Herald/Vitesse gebaut.

Mit dem letzten in 1980 montierten Triumph Spitfire wurde das ursprünglich aus der Not wiederbelebte Konzept eines Fahrzeugs mit separaten Chassis endgültig ad acta gelegt. Die Modelreihe Spitfire/GT6 hatte es in Summe auf 355.258 Einheiten gebracht und war ebenfalls ein grosser Erfolg für die Marke Triumph. 

 

Quellen:

Piggot, Bill: Triumph – Sport und Eleganz; Heel Verlag, Königswinter, 2010, 176 S.

Robson, Graham: Triumph Herald & Vitesse; Osprey Publishing, London, 1985, 192 S.

Robson, Graham: The Book of the Standard Motor Company; Veloce Publishing, Dorchester, 2011, 208 S.

Robson, Graham; Langworth, Richard: Triumph Cars – The complete Story; Motor Racing Publications, Croydon, 1988, 352 S.

www.triumphherald.com: Trauma at Triumph – Triumph Herald; www.triumphherald.com, 2016, 47 S.